Wenngleich jüngst viele der arabischen Staaten das Interesse an den Palästinensern verloren haben und mit Israel diplomatische Beziehungen eingehen, ist dieser Konflikt doch seit Jahrzehnten eine Quelle von Kriegen und extremen Spannungen im Nahen Osten. Das Problem wäre jedoch leicht - und zwar innerhalb von wenigen Monaten - aus der Welt zu schaffen gewesen. Gleich nach der Gründung des Staates Israel haben die arabischen Nachbarn das Land angegriffen, das anfänglich kaum Möglichkeiten der Verteidigung besaß. Dennoch siegte Israel - so wie in allen anderen Kriegen, die seine Nachbarn vom Zaun brachen, um das Land endgültig zu vernichten.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die meisten Palästinenser, die nach dem ersten Krieg ihr Land verließen, dies freiwillig taten. Nur der kleinere Teil wurde vertrieben. Sie hofften natürlich, in kurzer Zeit als Bürger der Nachbarländer Jordanien, Ägypten u.a. in einer muslimischen Umwelt eine neue Heimat zu finden. Es kam jedoch anders, weil man offenbar die Palästinenser als einen ewigen Stachel im Fleisch von Israel benutzen wollte, wenn es schon nicht möglich war, das Land militärisch zu vernichten und seine Einwohner ins Meer zu treiben, wie dies die muslimische Propaganda immer wieder forderte und z.T. bis heute fordert.
Vor kurzem konnte man jeden Freitag Nachrichten über die gewalttätigen Versuche großer Gruppen junger Palästinenser sehen, die versuchten, die Zäune an der israelischen Grenze zu überwinden. Das fand unter dem Motto "the right to return" (das Recht auf Rückkehr) statt. In ausführlichen Video-Interviews bestätigten einige palästinensische Internet-Stars, dass sie diese Kampagne bewusst ausgelöst haben, um die Passivität der jungen Palästinenser zu beenden. Sie konnten es nicht ertragen, dass sich viele von ihnen - soweit sie nicht einer der militanten Organisationen angehörten - mit der Situation abgefunden hatten. So kam es, dass die Enkel und Urenkel derjenigen, die ihre Heimat vor 70 Jahren verlassen hatten oder verlassen mussten, nun die praktisch unmögliche Rückkehr in ein fremdes Land einforderten, wobei viele ihr Leben durch die israelischen Verteidiger verloren. Schließlich versandete die Aktion. Es war jedoch ein weiterer heißer Stachel im Fleisch von Israel, das in vielen Teilen der Welt erneut an den Pranger gestellt werden konnte.
Zitat 1: "Eine eigenständige Quelle des Unfriedens war und ist bis heute der Palästina-Konflikt, der mit der jüdischen Einwanderung zur britischen Mandatszeit begann und mit der Gründung des Staates Israel 1948 zu einem Dauerzustand wurde. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang lediglich ein Aspekt. Er zeigt für mich die strukturelle Unfähigkeit der arabischen Welt zu unvermeidlichen Kompromissen und ist ein negativer Indikator für die Entwicklung im gesamten Nahen Osten: 1948/49 waren beim israelischen Unabhängigkeitskrieg einige Hunderttausend Palästinenser aus dem heutigen Staatsgebiet Israels vertrieben worden oder geflohen. Sie wurden in Flüchtlingslagern rund um den neuen Staat Israel angesiedelt. Natürlich hätte die arabische Welt diese eigentlich geringfügige Zahl bei sich aufnehmen und integrieren können, so wie dies mit den Vertriebenen in Deutschland geschah. Das wurde aber von den arabischen Ländern verweigert.
In den von der UNO unterstützten Lagern begann vielmehr eine Bevölkerungsexplosion: Allein die arabische Bevölkerung im Gaza-Streifen und im 1967 von Israel besetzten Westjordanland hat sich seit 1950 durch Geburtenreichtum von 400 000 Menschen auf 2,8 Millionen Menschen vermehrt. Ähnlich war das Bevölkerungswachstum unter den palästinensischen Flüchtlingen in Jordanien, in Syrien und im Libanon. Nach 1945 waren aus Ostdeutschland und dem Sudetenland 11 Millionen Deutsche vertrieben worden. Bei einer ähnlichen Demografie und einer ähnlichen Politik würden heute rund 80 Millionen vertretene Deutsche aus grenznahen Lagern in Tschechien und Polen Einlass begehren. Das ihren Vorfahren geschehene Unrecht war vergleichbar."
Thilo Sarrazin, Feindliche Übernahme, Finanzbuch Verlag 2018, Seite 103
Zitat 2: "Die Muslime sind stolz auf die Geschichte der islamischen Ausbreitung, als die Araber vor 1400 Jahren in kurzer Zeit große Teile der damals bekannten Welt eroberten und gewaltsam der Herrschaft des Islam unterwarfen. Sie sind stolz darauf, dass die Osmanen in Europa und die Moguln in Indien die Eroberungen fortsetzten und die Herrschaft des Islam an den Golf von Bengalen und bis vor die Tore von Wien brachten. Über das dabei begangene Unrecht, den Raub als solchen, die Morde und Massaker machen sie sich keine Gedanken.
Aber sie können mehrheitlich nicht mit der narzisstischen Kränkung umgehen, dass sie im 20. Jahrhundert ein winziges Teilgebiet des vor 1400 Jahren für den Islam eroberten Raumes verloren, als sich jüdische Einwanderer mithilfe der Briten in Palästina festsetzten und dort schließlich einen jüdischen Staat gründeten. Das vollzog sich gewaltsam und war insofern unrecht. Aber am Ursprung jeder Staatengründung in der Welt stand stets das Unrecht in Form der Gewalt eines überlegenen Siegers. Dieses Unrecht hatte zur Folge, dass 700 000 Palästinenser ihre Heimat verloren.
Das ist nun 70 Jahre her. Eine pragmatische, solidarische und erwachsene Politik der arabischen Welt hätte bedeutet, dass die arabischen Staaten die damals geringe Zahl der Palästinenser bei sich aufgenommen und integriert und sich mit der Existenz eines jüdischen Staates in Palästina abgefunden hätten. Dann gäbe es heute keinen Palästinakonflikt und keinen ausufernden Antisemitismus in der islamischen Welt. Solch eine Haltung des Erwachsenseins brachten die Araber nicht auf. So entstand die Absurdität, dass sich in den von der UNO verwalteten Flüchtlingslagern der Flüchtlingsstatus über die Generationen vererbt und die Zahl der Flüchtlinge aufgrund des palästinensischen Kinderreichtums von Jahr zu Jahr ins Uferlose steigt.
Finanziell kommt dafür die Weltgemeinschaft auf. Die reichen arabischen Ölstaaten leisten keinen Beitrag dazu. Die Millionenzahl der bei ihnen beschäftigten Gastarbeiter zeigt, dass sie ohne Weiteres die Möglichkeit gehabt hätten, allen geflohenen oder vertriebenen Palästinensern und ihren zahlreichen Nachkommen eine berufliche und private Zukunft in einer neuen Heimat anzubieten."
Thilo Sarrazin, Feindliche Übernahme, Finanzbuch Verlag 2018, Seite 212
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