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Kirsten Heisig und FAGULON

Effektive Maßnahmen gegen Ghettokriminalität


Rotterdam ist eine der Städte, welche die vor 10 Jahren (angeblich durch Selbstmord) verstorbene Jugendrichterin Kirsten Heisig besuchte, um zu erfahren, wie andere europäische Demokratien mit den Problemen der Ghetto-Kriminalität von Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund umgehen. Auf einigen Reisen wurde sie von damaligen Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky, begleitet. Heisig wurden deutschlandweit nicht nur durch das kurz nach ihrem Tod erschienene Buch "Das Ende der Geduld" bekannt, sondern auch dadurch, dass sie gegen viele Widerstände versuchte, effektivere Maßnahmen gegen die Kriminalität junger Männer mit Migrationshintergrund in Berlin zu etablieren. Sie stieß dabei auf den hinhaltenden Widerstand der "politisch korrekten" Politbürokratie, die allein schon die öffentliche Diskussion dieses Themas für problematisch hielt. Lieber den Kopf in den Sand stecken, als "Beifall von der falschen Seite" zu erhalten, war das unausgesprochene Motto dieser Amtsträger. Um von den Erfahrungen anderer zu lernen und gleichzeitig neue Argumente für ihre Pilotprojekte zu gewinnen, hat Kirsten Heisig diese Reisen unternommen und ihre Erkenntnisse aufgeschrieben.


Zitat 1: "Die Stadtregierung von Rotterdam hat dies offenbar früh erkannt und beschlossen, dass präventive und repressive Maßnahmen miteinander verbunden werden müssen, um erfolgreich gegen Verwahrlosung und Kriminalität bei Jugendlichen vorzugehen. Vernetzung, Datensammlungen und Kooperation in kleinen Einheiten sind die Ansatzpunkte der Strategie. So wurden Interventionsteams gebildet, die folgendermaßen agieren: Beamte der Stadtverwaltung, sogenannte „Stadtmariners", steuern in 13 problembelasteten Gebieten von Rotterdam interdisziplinär zusammengestellte Teams, bestehend aus Mitarbeitern der Sozialbehörden, zu denen auch das Jugendamt gehört, des Ordnungsamtes, der Polizei, der Stadtwerke und der Wohnungsbaugesellschaften.


Nicht mehr als 60.000 Einwohner eines Bezirkes unterfallen der Zuständigkeit eines Teams. Die beteiligten Teammitglieder sammeln Hinweise auf Missstände und Daten bezüglich einzelner Straßenzüge, Häuser und Familien. Wenn sich durch die Informationsdichte ein Bild ergibt, das zum Einschreiten Veranlassung bietet, werden die Betroffenen aufgesucht, gegebenenfalls verschafft man sich auch durch richterlichen Beschluss Zutritt zu den Wohnungen."

Kirsten Heisig, Das Ende der Geduld, Konsequent gegen jugendliche Straftäter, Verlag Herder, 2010, Seite 169


Zitat 2: "Ändert sich nichts an der Lage, kann bei „sozial unzumutbarem Verhalten" der Umzug in ein anderes Stadtviertel, das mit der Aufnahme der Familie einverstanden sein muss, verbunden mit der Anweisung, den bisherigen Bezirk nicht mehr zu betreten, durchgesetzt werden. Dies ist auf Deutschland schwer zu übertragen, denn es hört sich nun einmal nach Zwangsumsiedlung an. Ich glaube auch nicht, dass diese Praxis in Deutschland einer obergerichtlichen Überprüfung standhielte. Diese sichert, einfach gesagt, jedem Bürger zu, dort wohnen zu können, wo es ihm eben gefällt oder seinen wirtschaftlichen Verhältnissen entspricht.


Anders in den Niederlanden. Dort existiert ein Gesetz zu Sondermaßnahmen der Großstadtproblematik aus dem Jahre 2006, das die freie Wahl des Wohnortes für Bürger einschränkt, die über kein eigenes Einkommen verfügen. Das Prozedere ist folgendermaßen geregelt: Die jeweilige Stadtverwaltung schlägt dem Landesministerium einen Bezirk vor, für den es eine Zuzugsbeschränkung als sinnvoll erachtet, um einer Ghettoisierung vorzubeugen. Das Landesministerium entscheidet. Stimmt es zu, ist ein Zuzug in den betreffenden Stadtteil ohne Wohngenehmigung nicht zulässig. Die Einschränkung der Freizügigkeit wird mit dem Schutz der öffentlichen Ordnung begründet - eine aus meiner Sicht problematische Vorgehensweise.


Dennoch: Die grundsätzliche Idee, der Verdichtung sozialer Brennpunkte entgegenzuwirken und im Einzelfall bei Nichteinhaltung von Auflagen dem Ignorieren vorhandener Hilfeangebote repressive Maßnahmen folgen zu lassen, ist aus meiner Sicht ebenso vernünftig wie sachlich geboten."

Kirsten Heisig, Das Ende der Geduld, Konsequent gegen jugendliche Straftäter, Verlag Herder, 2010, Seite 170

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