„Wie sie wissen, basieren die ständigen Lobpreisungen der "Werte der westlichen Demokratie" auf einer Reihe von Illusionen und Lügen. So wird zum Beispiel behauptet, die politische Willensbildung erfolge innerhalb der Parteien, die deshalb auch ihre fähigsten Mitglieder als Kandidaten für die Parlamente vorschlagen. Einmal gewählt sollen die Abgeordneten angeblich nur ihrem Gewissen verantwortlich sein, wenn sie über Gesetzesvorschläge abstimmen. Zudem wird die größte aller Illusionen ständig propagiert, nämlich die Ansicht, dass es große Spielräume und Möglichkeiten für politische Entscheidungen gäbe. Das Gebäude des Staates ist jedoch im Wesentlichen auf drei Felsen erbaut, die ihm seine Standfestigkeit verleihen. Es besteht aus einer Unzahl von Stützpfeilern und Verstrebungen, die für innere Stabilität sorgen.
Obwohl wir uns schon lange an die schwammigen Begriffe "links" und "rechts" und all ihre Kombinationen und Modifikationen gewöhnt haben, werden sie mir zustimmen, dass es sowohl witzig als auch entlarvend ist, dass immer noch die Sitzordnung im Parlament zur Charakterisierung des politischen Programms von Parteien verwendet wird. Schwammige Begriffe ermöglichen jedoch schwammiges Denken und sind deshalb geeignete Gefäße für politische Propaganda. Deshalb werden sie immer noch mit ungebrochenem Eifer verwendet und mit vielen bunten Attributen ausgeschmückt. So sind die einen "links von der Mitte", die anderen "rechtaußen" oder "rechtsextrem", "linksradikal", "linksliberal", "rechts von der Mitte" und so weiter und so fort. Jeder behauptet zu wissen, was das bedeutet, doch keiner will oder kann es genau definieren. Dies ist auch logisch, denn die scheinbaren Unterschiede in den politischen Programmen der Parteien werden durch die geringen Freiräume des politischen Handelns praktisch vollständig eliminiert. Die engen Rahmen der Gesetze, Verträge und des Budgets und die Kompromisse innerhalb einer Koalition sind einige der Gründe, warum kaum etwas von den Wahlprogrammen der Parteien übrig bleiben kann.
Mein Vorschlag für eine neue Bezeichnung von politischen Richtungen wird sie vielleicht amüsieren. Ich bin sicher, dass er aus den eben genannten Gründen auch keine Chance auf Akzeptanz hat. Dennoch werfe ich die neuen Begriffe hier kurz in die Runde. Es gibt eigentlich nur zwei Grundrichtungen der Politik, die durch Modifikationen und Vermengungen schließlich die Programme beschreiben, welche uns die Parteien gegenwärtig präsentieren: Die erste Grundrichtung nenne ich WUVU, eine nicht unabsichtlich an Wodoo erinnernde Abkürzung für "Wunschdenken, Visionen und Utopien". Die Alternative hierzu könnte man als REAP bezeichnen. Dieses Kürzel steht für "Realitätsnaher Pragmatismus". WUVU basiert im Wesentlichen auf einer Art Glaubensethik. REAP fußt hingegen auf einer ethischen Grundlage, die ich als "humanistische Systemethik" bezeichne und später diskutieren werde.“
Zitat aus: Marionetten, Neo-Stalis und Monsterwellen, Marc DeSargeau, FAGULON-Verlag 2021
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