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  • Jens Gnisa und FAGULON

Die italienische Lösung: Aushungern und Weiterreichen


Zwischen den EU-Staaten Italien Deutschland hat sich eine eigenartigen Kooperation entwickelt: Der eine drängt die Migranten durch Armut aus dem Land, der andere duldet nicht nur ihre illegale Einwanderung, sondern versorgt sie zudem noch so reichlich, dass keinerlei Motiv mehr besteht, die vielen Möglichkeiten der Vermeidung einer Abschiebung auszulassen. Eine erstaunliche Arbeitsteilung in der Symbiose von Push- und Pull-Faktoren! Der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Richterbundes hat das in seinem resignierenden Buch deutlich ausgesprochen:


Zitat 1:

"Entgegen der öffentlichen Meinung steht der deutsche Rechtsstaat im Zweifel aufseiten der Asylsuchenden - er kann einseitig ausgenutzt werden. Ein Beispiel: Kommt ein Tunesier nach Italien und beantragt dort Asyl, so hat er im Regelfall mit relativ großzügigen Behörden zu rechnen. Seit der Regierungszeit Berlusconis ist es verhältnismäßig einfach, eine »Gestattung« in Italien zu bekommen. Allerdings zahlt das Land nur 2,50 € pro Tag. Der Einwanderer steht völlig mittellos da. Das Kalkül der Italiener ist klar: Die Asylanten verlassen das Land rasch wieder und machen sich auf den Weg nach Norden, bevorzugt nach Deutschland.


Deutschland ist nach dem Dublin-II-Abkommen von 2003 eigentlich nicht zur Aufnahme dieser Flüchtlinge verpflichtet. Doch würde man Flüchtlinge nach Italien zurückschicken, wären sie zwei oder drei Tage später wieder in Deutschland, weil es keine kontrollierte Binnengrenze mehr gibt. Deshalb wird auf die Rückabschiebung im Regelfall verzichtet.


Dann aber geht es weiter: Durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat jeder Ausländer, der sich in Deutschland aufhält, einen Anspruch auf eine finanzielle Mindestausstattung. Es wird also Menschen in Deutschland Sozialhilfe gezahlt, die eigentlich keinerlei Aufenthaltsrecht, ja sogar eine Straftat durch eine unerlaubte Einreise begangen haben. Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts halte ich für sehr problematisch. Aber als Richter muss ich sie befolgen."

Jens Gnisa, Das Ende der Gerechtigkeit, Ein Richter schlägt Alarm, Verlag Herder, 2017, Seite 29


Diese attraktiven Bedingungen werden in Deutschland noch dadurch verbessert, dass es relativ leicht war (und ist?) mehrfach Gelder der deutschen Mindestsicherung zu erhalten.

ZItat 2:

"Ein weiterer Fallstrick ist die Verwendung falscher Namen - was auch der Berlin-Attentäter Anis Amri in verschiedenen europäischen Ländern nutzte. Ziel ist häufig der mehrfache Bezug von Sozialhilfe. Diese liegt im Zuständigkeitsbereich der Kommunen. Lange Zeit waren die Kommunen untereinander nicht vernetzt und Mehrfachbezieher hatten leichtes Spiel. Diese Praxis wurde dadurch erschwert, dass Asylanten jetzt Fingerabdrücke hinterlassen müssen. In der Vergangenheit wurde das verhindert mit dem Argument, dass sie dabei erkennungsdienstlich wie Straftäter behandelt würden. Das hat sich zum Glück geändert - die Angst vor Terroranschlägen hat hier Spuren hinterlassen.


Erschwert bedeutet nicht unmöglich gemacht: Während des größten Ansturms von Flüchtlingen war die Abklärung der Personendaten allerdings nur eingeschränkt möglich. Auch zu Beginn des Jahres 2017 waren noch 90 Prozent der Ausländerbehörden in Deutschland nicht in der Lage, Fingerabdrücke zu nehmen und sie mit dem Ausländerzentralregister abzugleichen, das beim Bundesverwaltungsamt in Bonn angesiedelt ist. Offensichtlich bearbeiten die Kommunen die Fingerabdruckdatei zudem oft nur unzureichend, manchmal ist das Gerät kaputt, dann ist der zuständige Sachbearbeiter erkrankt usw. Die Mehrfachzahlungen sind also noch immer möglich.


Ein weiteres Negativbeispiel für mangelnden Austausch möchte ich noch erwähnen. Es betrifft die Kommunen, die die Sozialhilfe auszahlen, und die Ausländerämter. Eine abzuschiebende Person kann beim Ausländeramt als unauffindbar registriert, also untergetaucht sein, gleichwohl aber bei einer Kommune Sozialhilfe unter einer konkreten Adresse beziehen - ohne dass es auffällt."


Jens Gnisa, Das Ende der Gerechtigkeit, Ein Richter schlägt Alarm, Verlag Herder, 2017, Seite 31


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