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  • Thilo Sarrazin und FAGULON

Mehr direkte Demokratie wagen!


War es Willy Brandt, der den ebenso wirkungsvollen wie inhaltlosen Slogan "Mehr Demokratie wagen" prägte? Wie man in den letzten Jahrzehnten erfahren konnte, verdient die repräsentative Demokratie diese Bezeichnung nicht mehr. Die Parteiprogramme sind kaum noch unterscheidbar, wenn doch, dann können deren Forderungen meist wegen neuer "Sachzwänge" oder Rücksichten auf den Koalitionspartner leider, leider nicht umgesetzt werden. Es ist also egal, welche Partei man wählt. Zudem haben sich in ihnen die unterdurchschnittlichen Ja-Sager und Konformisten angesammelt, so dass ein Abgeordneter nur ein Rädchen in einem Getriebe ist, auf welches er praktisch keinen Einfluss hat. Versucht er dennoch, eigene Projekte einzubringen, wird er schnell an den Rand gedrängt und schließlich abgeschoben. Auf diesem Hintergrund wäre es zuweilen eine gute Idee, wirklich mehr Demokratie zu wagen, was aber nur durch direkte Demokratie möglich ist. Neben der Einführung von Volksabstimmungen sollten auch Repräsentanten von Protestdemonstrationen (z.B. PEGIDA oder Querdenker) sowie unabhängige Publizisten und Wissenschaftler in den politischen Diskussions- und Entscheidungsprozess eingebunden werden.


Zitat: "Für den politisch Sensiblen ist Politik überall, sie kriecht quasi durch jede Ritze. Wenn man mit dem Gang der politischen Geschäfte nicht einverstanden ist, erhitzt das die Gefühle. So entsteht politisches Engagement, aber auch Fanatismus und Frustration. Es stimmt ja nicht, dass der viel bescholtene Wutbürger« ein unpolitischer Charakter ist, der die Regeln einfach nicht verstanden hat.


Nein, er ist jemand, der politisch erzeugte Ergebnisse - sei es der fehlende Lärmschutzwall bei der nahen Autobahn, sei es das neu eingerichtete Roma Lager in der Nachbarstraße nicht einfach dulden will. Er hinterfragt die Vernunft der Regeln, die zu solchen Ergebnissen führen, und hat dabei natürlich, was nur allzu menschlich ist, vor allem die eigenen Interessen im Blick. Es ist für die persönliche Zufriedenheit häufig einfacher - und für viele Sachergebnisse nicht unbedingt schlechter -, wenn man die Entscheidungen der Obrigkeit quasi als Schicksal nimmt und sich dem Beruf und dem Privatleben widmet. Nicht jede Bürgerbeteiligung führt zu einer besseren Sachwaltung öffentlicher Interessen. Aber es ist auch nicht jeder Bürgerunmut nur fragwürdig, der das eigene Interesse in den Mittelpunkt stellt.


Es hätte viele Vorteile, wenn über wirklich grundlegende Fragen auf allen staatlichen Ebenen Volksentscheide möglich wären. Die Schweiz ist daran nicht zugrunde gegangen, und es würde der Politik schwerer fallen, sich über grundlegende Werthaltungen und Interessen der Bürger einfach hinwegzusetzen. Weder der Maastricht-Vertrag noch der Lissabon Vertrag hätten in Deutschland bei einer Volksabstimmung eine Mehrheit bekommen, und auch nicht die bedingungslose Öffnung der deutschen Grenzen für Flüchtlinge und illegale Einwanderer."


Zitat aus: Thilo Sarrazin, Wunschdenken, Deutsche Verlagsanstalt 2016, Seite 500

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