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  • Marc DeSargeau und FAGULON

Moderner Wunderglaube: Homöopathie


„Neben den lächerlichen – jedoch hochprofitablen – RELOCOMP (religion of overcompensations)-Märchen, die ich in den vorangehenden Abschnitten gestreift habe, gibt es jedoch auch einige, die weniger profitabel, aber lebensgefährlich sind. An erster Stelle ist natürlich die Religion der Homöopathie zu nennen. Hier wirkt ein echter, christlicher Wunderglaube, gegen welchen die Speisung von Tausenden durch einen einzigen Fisch als vergleichsweise armselige Leistung erscheint. Wenn 1-10 Moleküle eines ohnehin ominösen Wirkstoffs in einem Liter reinen Wassers oder in einem Zuckerkügelchen (den berühmten Granuli) zu erstaunlichen Heilwirkungen fähig sein sollen, dann ist das der reine Wunderglaube.


Allerdings haben Wissenschaftler schon lange die heilsame Wirkung psychischer Kraft und Zuversicht verifizieren können. Dadurch werden nachweislich viele neurosekretorische Kaskaden stimuliert, die köpereigene Botenstoffe mit Heilwirkungen freisetzen können. Das ist die Grundlage des sogenannten Placebo-Effektes, aber auch von Gebeten, Pilgerfahrten und Reliquienverehrung. Allerdings kann der homöopathische Wunderglaube auch lebensgefährlich werden. Dies gilt besonders dann, wenn immer mehr Eltern ihren Kindern bei Infektionskrankheiten Globuli oder Wassertröpfchen verabreichen, weil sie den angeblich so gefährlichen Antibiotika ausweichen wollen. Die Folge sind nicht nur große Risiken für das eigene Kind, sondern auch die leichtere Ausbreitung dieser Infektionen durch schwer erkrankte und damit besonders infektiöse Kinder.


Dass Antibiotika aber in riesigen Mengen in der Tierhaltung eingesetzt werden, ist für die meisten Menschen kein erregendes Thema, obwohl dadurch die meisten der multiresistenten Keime entstehen. Sie töten in Deutschland etwa 20.000 Menschen im Jahr.

Diesen Wunderheilungs-Religionen hängen besonders viele der bessermenschlichen Aktivisten an, die sich auch von den Märchen der gesunden Ernährung bezirzen lassen. In diesen Kreisen ist jedoch ein weiterer, potenziell lebensgefährlicher Kinderglaube verbreitet. Es handelt sich um die Verweigerung von Impfungen gegen Infektionskrankheiten. Angeblich sollen Impfungen so gefährlich sein, dass man sein Kind – und damit auch viele andere Kinder in der KITA oder Schule – lieber lebensbedrohlichen Infektionskrankheiten aussetzt, als das angebliche Impfrisiko einzugehen.


Als Begründung werden immer wieder Einzelfälle zitiert, die oft mit der Impfung in einem zeitlichen, aber keinem ursächlichen Zusammenhang stehen. Natürlich gibt es aber auch Fälle, in denen der Impfstoff nicht richtig produziert oder gelagert wurde und so zu schweren Nebenwirkungen geführt hat. Dies ist aber so selten, dass es wahrscheinlicher ist, im Urlaub von einer Kokosnuss erschlagen zu werden.“


Zitat aus: Die Religion der Überkompensationen, Marc DeSargeau, FAGULON-Verlag 2021

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