Durch die Kombination von Geburtenreichtum und Einwanderung wird die Zahl der Menschen mit muslimischem Glauben in der EU stark zunehmen, wie Sarrazin in seinem Buch "Feindliche Übernahme" anhand unabhängiger Analysen nachweist. Ob dies jedoch zu einer feindlichen Übernahme europäischer Staaten, einer Islaminierung führt, wie sie z.B. Michel Houllebecq in seinem literarisch wenig überzeugenden Roman "Unterwerfung" geschildert hat, hängt allein von der Integrationsfähigkeit und Integrationswilligkeit dieses Teils der Bevölkerung ab.
Wenn man von den bisherigen Erfahrungen ausgeht, ist damit zu rechnen, dass sich die Ghettos in Parallelgesellschaften vergrößern werden. Damit verfestigt sich die religiös motivierte Ablehnung der westlichen Gesellschaft und Lebensweise. Auch hinsichtlich der Bildungswilligkeit der großen Mehrheit dieses Bevölkerungsteils geben die bisherigen Erfahrungen keinen Anlass zu besonderem Optimismus. Das entscheidende Kapital der Industrie- und Informationsgesellschaften besteht aber in der Zahl begabter und hochgebildeter Menschen. Deshalb ist nahezu ausgeschlossen, dass die massive Zunahme der muslimischen Population das bereits gegenüber den asiatischen Staaten bestehende Defizit auf dem Gebiet dieses "Humankapitals" ausgleichen kann.
Zitat: "In Frankreich ist den staatlichen Behörden das Sammeln von Daten über die Religionszugehörigkeit weitgehend untersagt bzw. nur unter erschwerten Umständen möglich. In Deutschland ist das Design des Mikrozensus problematisch, sodass die Zahl der Nichtchristen systematisch unterschätzt wird. Die Zahl der Muslime in der Europäischen Union schätzt Pew Research für 2016 auf rund 26 Millionen, das sind 4,9 Prozent der Bevölkerung. 2010 war der Anteil noch 3,8 Prozent. Eine aktuelle Projektion bis zum Jahr 2050 zeigt einen weiteren erheblichen Anstieg.
Da die Muslime im Durchschnitt jünger sind und auch mehr Kinder haben, wird ihre Zahl in Europa bis 2050 nach der Schätzung von Pew Research selbst dann auf rund 36 Millionen zunehmen, wenn es ab sofort keine weitere Einwanderung mehr gibt. Bei mittlerer Einwanderung steigt ihre Zahl auf 56 Millionen, bei hoher Einwanderung auf 76 Millionen (vgl. Tabelle 4.4). Im Durchschnitt werden 2050 14 Prozent aller Europäer Muslime sein, in Deutschland wird der Anteil bei knapp 20 Prozent liegen, in Schweden bei 30 Prozent (vgl.
Tabelle 4.5).
Recht unwahrscheinlich ist das Szenario 1, das für die Zukunft eine weitere Einwanderung von Muslimen ausschließt und zudem die Rückkehr all jener unterstellt, deren Asylantrag abgelehnt wird. Im Szenario 2 gibt es zwar arbeitsmarktbedingte Einwanderung, aber keine weiteren Fluchtbewegungen und ebenfalls die vollständige Rückkehr der Asylsuchenden mit abgelehnten Anträgen. Auch das ist unwahrscheinlich.
Die wahrscheinlichste Entwicklung liegt aus gegenwärtiger Sicht irgendwo zwischen Szenario 2 und 3. Knapp die Hälfte des muslimischen Bevölkerungszuwachses in Europa von 6,2 Millionen zwischen 2010 bis 2016 entfiel auf den Geburtenüberschuss der in Europa lebende Muslime, gut die Hälfte entfiel auf Einwanderung. Von den Einwanderern waren rund ein Drittel Flüchtlinge, der Rest reguläre Einwanderer."
Thilo Sarrazin, Feindliche Übernahme, Finanzbuch Verlag 2018, Seite 248
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