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  • Norbert Bolz und FAGULON

Der Skandal um "The Bell Curve"


Natürlich hat der IQ-Test trotz seiner vielfältigen Varianten und Verbesserungen sehr klare Grenzen. Er kann z.B. nicht andere wichtige Faktoren des Erfolges einer Person in einer Industrie- und Informationsgesellschaft messen. Dazu gehören z.B. der Fleiß, die Persistenz oder die Begeisterung für eine Sache, aber auch die emotionale Stabilität u.a. Allerdings ist unstrittig, dass die IQ-Messungen in allen Ländern und bei allen Ethnien sehr gut mit den Ergebnissen der PISA-Test korrelieren. Schulische Leistungen haben also offensichtlich viel mit den Eigenschaften zu tun, die mit den IQ-Tests gemessen werden, obwohl diese auf das Abfragen von Wissen verzichten. Immer liegen hier die Menschen mit südostasiatischen oder chinesischen Wurzeln vor allen anderen.


Diejenigen, die aus ideologischen Gründen solche Studien als eine Form von Rassismus verdammen, sind von der entscheidenden Bedeutung des Umfelds, der Familie und des sozialen Status überzeugt. Sie folgen damit in gewisser Weise dem Denkschema des russischen "Genetikers" Lyssenko, der mit seinen Theorien über den Einfluss des Umwelt auf das Pflanzenwachstum Stalin überzeugte und so indirekt zum Hungertod von Hunderttausenden beitrug.


Zitat: "Wer gehört zur kognitiven Elite? Diese Frage führt rasch zum Skandal der egalitären Gesellschaft, der immer noch mit dem Titel eines Buches von Herrnstein und Murray verknüpft ist: The Bell Curve. Gerade der Egalitarismus moderner Sozialpolitik fördert eine extreme Elitebildung. Denn je besser es gelingt, jedem Jugendlichen die Chance zu geben, seine kognitiven Fähigkeiten zu entwickeln, desto geringer wird der Einfluss der sozialen Umweltbedingungen – vor allem natürlich: des Elternhauses – auf seinen Intelligenzquotienten. Das bedeutet aber, dass die verbleibenden Unterschiede in der Intelligenz der Menschen zunehmend auf genetische Differenzen zurückgeführt werden müssen. Je größer die soziale Gleichheit, desto folgenreicher die genetischen Unterschiede. Mit der Gleichheit der Lebensbedingungen wächst die Vererblichkeit von Fähigkeiten.

Und nichts trennt die Menschen schärfer voneinander als das geistige Milieu. Man wird den Mitgliedern des eigenen Milieus immer ähnlicher und denen der anderen Milieus immer fremder. …


Die meisten, die sich über das Buch ,The Bell Curve" öffentlich geäußert haben, sind darüber zu Furien des Gutmenschentums geworden. Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen wirkt es wie eine Kränkung der Menschheit, ein schändliches Antasten der Menschenwürde, wenn man die Leute nach ihren kognitiven Fähigkeiten in die fünf Rubriken sehr klug, klug, normal, dumm und sehr dumm einordnet. Zum andern skandalisiert die These von der Vererblichkeit der Intelligenz, zumal Herrnstein und Murray ja gerade für die egalitaristische Zukunft des vorsorgenden Sozialstaates zu prognostizieren scheinen, dass der IQ zum Schicksal wird. Es ist deshalb sehr wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen, dass Statistiken zur Vererblichkeit nichts über konkrete, einzelne Menschen aussagen, sondern immer nur über eine ganze Population."

Norbert Bolz, Diskurs über die Ungleichheit, Wilhelm Fink Verlag, München, 2009, Seite 44


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