top of page
  • Hamed Abdel-Samad und FAGULON

Zwei Maßstäbe: Genussehe und Prostitution


Menschen aus westlichen Ländern erscheint es unvorstellbar absurd und grausam, wenn Ehebruch oder außerehelicher Sex in einigen islamischen Ländern brutal und gnadenlos bestraft wird. Gleiches gilt für die Verbannung aller weiblichen Reize durch Kopftücher, lange Mäntel und schließlich sogar die Burka. Kaum jemand hätte sich Ende der 50iger Jahre vorstellen können, dass die archaischen Gebote, die vor rund 1400 Jahren in entlegenen Wüstenstädtchen Arabien entstanden sind, heute wieder zu neuem Leben erwachen würden und sich sogar in den Parallelgesellschaften des Westens breitmachen könnten. Noch unverständlicher und abwegiger wird das Ganze jedoch durch die damit einhergehende Doppelmoral, die sich besonders in der schiitischen Richtung des Islam erhalten hat. Hier existieren klerikal abgesegnete Prostitution und schärfste Bestrafung von Ehebruch und außerehelichem Sex scheinbar problemlos nebeneinander.


Zitat

In Altarabien war noch eine andere Form der Ehe üblich: Ein Mann schloss mit einer Frau für eine begrenzte Zeit einen Ehevertrag, nur um mit ihr schlafen zu können. Dafür bezahlte er ihr eine vorher ausgehandelte Summe Geld. Eine Zustimmung seitens ihres Vaters musste die Frau dafür nicht einholen. Auch diese sogenannte Genussehe hat Mohamed übernommen, wie Sure 4:24 zeigt: „Was darüber hinausgeht, ist euch erlaubt, (nämlich] dass ihr euch als ehrbare Männer, nicht um Unzucht zu treiben, mit eurem Vermögen (sonstige Frauen zu verschaffen] sucht. Wenn ihr dann welche von ihnen genossen habt, dann gebt ihnen ihren Lohn als Pflichtteil! Es liegt für euch keine Sünde darin, wenn ihr, nachdem der Pflichtteil festgelegt ist, ein gegenseitiges Übereinkommen trefft. Allah weiß Bescheid und ist weise.“


Nachdem Mohamed die Zahl der zulässigen Ehefrauen aufvier reduziert und seinen Anhängern außerehelichen Sex verboten hatte (ein Fehltritt wurde nun mit Auspeitschen bzw. Steinigung bestraft), erlaubte er ihnen die Genussehe. Weil er die Natur des Mannes kannte? Weil er selbst Frauen so sehr begehrte, dass er nach einem Weg suchte, die Beschränkung mit einem geschickten Winkelzug gleich wieder auszuhebeln?


Nach dem Tod Mohameds war die Genussehe unter Kalif Omar eine Zeitlang verboten; Omar hatte die Gefahr gesehen, dass Männer lieber diese kurzfristigen Ehen eingingen, die sich langsam in Richtung Prostitution entwickelten. Noch heute steht der Vorwurf im Raum, bei der Genussehe handele es sich zumindest um verdeckte Prostitution. Die Parameter stimmen: begrenzte Zeit, festgelegter Preis, Sex. Je nach Auslegung verschiedener Rechtsgelehrter kann die Genussehe für Jenseits des Schleiers die Dauer von einer Stunde bis zu 99 Jahren (gültig nur im Diesseits) eingegangen werden.


Im sunnitischen Islam ist die Genussehe bis heute verboten. Bei den Schiiten ist sie immer noch erlaubt. Im Reich der Mullahs wird eine Frau gesteinigt, wenn sie außerhalb der Ehe Sex mit einem Mann hat, den sie liebt. Aber es ist ihr erlaubt, jede Woche gegen Geld einen Mann zu befriedigen, solange dies im Rahmen der schiitischen sighe, der Genussehe, geschieht. Den obengenannten Vers lesen die Schiiten ein wenig anders. Dort heißt es: „Erlaubt ist euch außer diesem, dass ihr mit eurem Geld Frauen begehrt, für eine bestimmte Zeit zur Ehe und nicht zur Hurerei. Und gebt denen, die ihr genossen habt, ihren Brautlohn.“ Mohameds Gefährte Ibn Masu'd, der kein Schiit war, berichtet: Zu Zeiten des Propheten sei der Vers mit dem Nebensatz für eine bestimmte Zeit gelesen worden, später sei dieser Teil jedoch verschwunden.


Zitat aus:

Mohamed, Ein Abrechnung, Hamed Abdel-Samad, Droemer-Verlag 2015, Seite 140-141

bottom of page