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  • Norbert Bolz und FAGULON

Treibstoff der Medien: Neid und Angst


Die Medienlandschaft von Deutschland ist in der Hand von 20 großen Firmen und dem Staat. Letzterer finanziert seine TV- und Radiosender durch eine separat erhobene Extra-Steuer, die jeder zahlen muss, egal ob er dieser Medien nutzt oder nicht. So wird der Eindruck vermieden, es handele sich um ein Staatsfunk, der nur regierungstreue Filter bei seiner Berichterstattung verwendet. Dass dies jedoch der Fall ist, wird vielen Bürgern immer stärker bewusst.


Sowohl die staatlichen als auch die privaten Medien haben sich einen "politisch korrekten" Wahrnehmungsfilter zugelegt. Jeder Journalist, der diesen Filter nicht lückenlos anwendet, wird rigoros ausgeschieden. So entsteht die gleiche "Schere im Kopf", wie dies bei den Journalisten in den ehemaligen sozialistischen Staaten der Fall war. Bei den TV- und Radiostationen in den USA sind es nur sechs Konzerne, die alles beherrschen. Im Wertesystem aller privaten Medien zählt jedoch nur ein Parameter: Verkaufserlöse und Werbeeinnahmen. Die kann man auf zwei Wegen erhalten und gelegentlich steigern: Billigshows und Skandale. Das Segment der Billigshows wird durch Casting- und Datingformate sowie durch Talkshows gefüllt. Der Rest muss mit Empörung angereichert werden. Die besten Quellen der Empörung sind Neid und Angst.


Zitat: "Diese von den Massenmedien inszenierte öffentliche Meinung findet ihre stabilste Einheit im Protest. Niklas Luhmann hat gezeigt, dass es zwei Techniken gibt, mit denen man heute besonders leicht Protestpotential aktivieren kann. Man kann, erstens, die Sonde der internen Gleichheit in die Gesellschaft einführen, um Ungleichheiten sichtbar zu machen. Das ist unser Thema im engeren Sinn – das Thema Verteilung. Man kann aber auch, zweitens, die Sonde des externen Gleichgewichts in die Welt einführen, um zu zeigen, dass wir im ökologischen Ungleichgewicht mit der Natur leben. So entstehen die Gefahrenthemen. Die Massenmedien stimulieren uns derart, gegen die Existenzbedingungen der modernen Gesellschaft zu protestieren, nämlich eben gegen Ungleichheit – dagegen richtet sich der rote Protest - und Ungleichgewicht - dagegen richtet sich der grüne Protest.


So entstehen Neidthemen und Angstthemen. Die Angstthemen zeigen uns die

Welt im Licht einer neuen Gleichheit der Unsicherheit: Katastrophen nivellieren. Die Katastrophe ist die vollkommene Entlastung: ich muss mir die Hilflosigkeit nicht selbst zurechnen. Heute wird vor allem der Klimawandel zum Instrument für Egalitarismus und weltstaatlichen Zentralismus. In seiner reinsten Gestalt zeigt sich der Egalitarismus der Massenmedien aber bei den Neidthemen, die die gesellschaftliche Ungleichheit sondieren."

Norbert Bolz, Diskurs über die Ungleichheit, Wilhelm Fink Verlag, München, 2009, Seite 70



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