„Sind denn wenigstens die Parteien noch Organisationen, welche der politischen Qualifizierung und Willensbildung von interessierten Bürgern ein Forum bieten können? Die beiden großen Parteien haben in den letzten Jahrzehnten die Hälfte ihrer Mitglieder verloren. Die Übriggebliebenen sind zum großen Teil entweder im Rentenalter oder Karteileichen. Parteiversammlungen ähneln fast immer einem Kegelklub, in welchem es um Geselligkeit und die Intrigen bei der Vergabe von Posten und Pöstchen geht.
Politisch aktiv sind eigentlich nur die Funktionäre, die sich entweder im Licht ihrer kleinen Bedeutung sonnen, oder auf der Ochsentour zu höheren Weihen unterwegs sind. Selbst die Grünschnäbel haben sich auf diesen Weg von der politischen Bürgerbewegung zur Funktionärspartei begeben. Ein paar Chaotenclubs oder rechtslastige Bewegungen bedeutungsgeiler Typen tauchen auf und verschwinden wieder. Sie erhalten viel mehr Aufmerksamkeit, als es ihre politischen Aktivitäten verdienen. Verständlicherweise, denn von den anderen Parteien gibt es ja wenig Aufregendes zu berichten.
So verwundert es nicht, dass vor einigen Jahren ein großes Meinungsforschungsinstitut feststellen musste, dass fast 20 % der Wähler bereit waren, die fiktive Spaßpartei eines Komödianten zu wählen. Vermutlich hatten viele von ihnen gar nicht mitbekommen, dass es sich bei dieser "politischen Bewegung" nur um die Werbung für einen Film handelte. Ein anderer Witzereißer ist sogar als Vertreter seiner fiktiven Partei ins EU-Parlament gewählt worden.“
Zitat aus: Marionetten, Neo-Stalis und Monsterwellen, Marc DeSargeau, FAGULON-Verlag 2021
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